Susi, die Socke, 2. Teil

Sandra war Ende 30, seit 2 Jahren geschieden und chronisch underfucked. In ihrem Job als Bankkauffrau lernte sie täglich viele Menschen kennen, und ohne es zu wollen, unterzog sie dabei die männlichen Wesen einem permanenten „Fick-Check“. Würde sie mit dem etwas haben wollen? Würde sie den von der Bettkante treten? Würde sie den reiten wollen? War er attraktiv und schien er sexuell potent zu sein? Hatte er dieses verschmitzte Grinsen, das Frauenherzen egal welchen Alters stets zum Schmelzen brachte? Das waren die Standardfragen, die ihr routinemäßig durch den Kopf schwirrten, wenn sie mit einem halbwegs interessanten Typen verkehrte. Als Sandra seinerzeit ihren Uwe heiratete, konnte sie noch nicht ahnen, wie ihr Sexleben nach und nach an Schwung und Qualität verlieren sollte; man hatte sich ganz einfach in den 8 gemeinsamen Jahren auseinander gelebt. Bis auf ein bisschen Kuscheln sowie harm- und orgasmuslose Blümchenficks lief da nicht mehr viel. Entschieden zu wenig für Sandras Geschmack. Um eine neue Beziehung eingehen zu wollen, fühlte sie sich aber nach den doch eher lähmenden Erfahrungen ihrer letzten Liaison noch nicht bereit, und jeglichen Kinderwunsch hatte sie ohnehin schon ad acta gelegt. Und überhaupt: welch vernunftbegabte Frau würde heute noch Kinder in diese schlechte, verkommene Welt setzen wollen?

Im Allgemeinen liebte die Socke Susi das Liegen im Schmutzwäschekorb, weil es so herrlich unstrukturiert war und sich damit im krassen Widerspruch zu der geordneten und sauberen Umgebung im Kleiderschrank befand, in den sie nach absolviertem Waschgang zurückbeordert wurde. Das fröhliche, chaotische Durcheinander in der Schmutzwäsche war da schon ungleich freudvoller. Ungeniertes Herumstinken, sich so richtig gründlich ausstrecken und herumräkeln – was konnte es Schöneres geben? Trotz ihrer bescheidenen Größe fühlte sich Susi durch ihr feines Material als etwas Besseres – und ließ dies auch die übrigen Kleidungsstücke spüren. Wie oft schon hatte sie sich über die funktionalen, aber doch eher schlichten Baumwollsocken ausgelassen. Erst recht die aus Wolle gefertigte Kleidung bekam Susis Arroganz in vollem Umfang zu spüren. Einzig die von Sandra ebenfalls gern getragenen Strumpfhosen konnten Susis Überschwang bremsen, da sie aus dem gleichen Material hergestellt wurden und überdies eine ähnlich große Klappe besaßen. Wenn Susi und ihre Erzfeindinnen, die Strumpfhosen, im Schmutzwäschekorb nebeneinander zu liegen kamen, waren Zank und Ärger vorprogrammiert. Das fing meist damit an, dass sich die Strumpfhose über Susis bescheidene Gestalt lustig machte. Deren Konter zielte dann darauf ab, dass sie ja gar nicht so groß sein wollte, da sie dann in deutlich höher gelegene Körperregionen vorzudringen hätte, die olfaktorisch zu den Risikogebieten zählten. Dann schon lieber klein, aber fein sich nur an den Fuß schmiegen. Die übrigen Wäschestücke nahmen diesen Zickenterror mit Amüsement zur Kenntnis, hüteten sich aber davor, für eine der wortgewaltigen Kontrahentinnen Partei zu ergreifen. Nicht selten kam es auch vor, dass die immer hitziger werdenden Wortgefechte in einer kleineren Rempelei kulminierten, ehe sich Susi angesichts ihrer überdeutlichen Unterlegenheit wieder beruhigte und vor der totalen Eskalation dann lieber doch einen Rückzieher machte.

Sandra hatte offenbar wieder einen neuen Lover, da sie schon den ganzen Tag so fahrig war und unkonzentriert ihre Arbeit in der Kreditabteilung einer kleinen Provinzbank verrichtete. Als sie nach Hause kam, begab sie sich uverzüglich unter die Dusche. Susi spürte, dass sie heute Abend nochmals zu einem Einsatz kommen könnte. Ein Telefonat später, bei dem Sandra letzte Date-Details klärte, verschaffte dann endgültig Klarheit: Heute würde es heiß hergehen. Sandra stand unschlüssig vor dem Kleiderschrank. Sie wusste noch nicht so genau, was Robert, ihrer neuen Flamme, wohl gefallen würde. Ergo besann sie sich auf jene Teile, mit denen eine Frau kaum jemals etwas falsch machen konnte: Bluse und knallenge Jeans jener Sorte, die ihren noch immer gut in Form befindlichen Po auf besonders vorteilhafte Weise betonten. Der Fußbekleidung kam weniger aufregende Bedeutung zu, wie man an dem wahllosen Griff Sandras in ihre Dessouslade erkennen konnte. Sie fingerte Susi heraus und stülpte sie hastig an ihren Fuß.

Schon während der Fahrt zu Sandras Rendezvous fiel Susi auf, dass ihre Besitzerin nervöser als sonst zu sein schien. Ihr Fahrstil war unrhythmisch und abgehakt, ihre Füße schwitzten leicht, was sonst nur bei hochsommerlichen Temperaturen vorkam. Die Socke Susi hatte in der warmen Jahreszeit kein Problem mit Fußschweiß, im Gegenteil, das ständige Durchfeuchten hatte sogar einen angenehm kühlenden Effekt bei der Hitze. Komplett anders verhielt sich die Sache freilich im Winter, wenn die fortwährende Transpiration in Kombination mit der kühlen Außenluft schon für eine saftige Erkältung sorgen konnte. Als Sandra endlich ankam, wurde sie schon ungeduldig von Robert erwartet. Er führte sie in den 3. Stock eines heruntergekommenen Mehrparteienhauses und bat um Verständnis, dass man die Stiege benutzen musste, da der Lift wieder einmal nicht funktionierte. Roberts Wohnung war im typischen Junggesellen-Stil eingerichtet. Er hatte kaum Grünzeug herumstehen, in den Ecken lagen sichtbare Staubfusseln und in der Küche befanden sich noch drei leere Pizza-Kartons, für deren Entsorgung bis dato offenkundig noch keine Zeit blieb.

Auf der geräumigen Leder-Couch im Wohnzimmer hatte sich bereits Roberts Hund, ein in den Farben schwarz-weiß gemusterter Foxterrier, breit gemacht. „Du hast mir ja gar nicht erzählt, dass du einen Hund hast“, eröffnete Sandra das Gespräch und blickte fragend in Roberts Richtung. „Ja, seit nunmehr 4 Jahren. Weißt du, er tut mir gut, er zwingt mich zum täglichen Spazierengehen ins Freie. Früher war ich dazu oft einfach zu faul – aber jetzt gibt es keine Ausrede mehr.“ Mit diesen Worten tätschelte Robert seinen Vierbeiner. „Übrigens, er heißt Fax.“ Bei der Namensgebung hatte sich Robert davon inspirieren lassen, dass der übermütige Rüde in seinen jungen Jahren nichts als Faxen im Kopf hatte. Sandra streichelte nun ebenfalls über das dichte Fell von Fax. Susi hingegen fühlte sich in der Nähe von Hunden immer sehr unwohl, da sie mit diesen haarigen Nichtsnutzen wenig anfangen konnte. Ständig sabberten sie, schnupperten an diskreten Stellen herum oder sprangen an einem hoch und hinterließen dabei ihre schmutzigen Pfotenabdrücke. Und erst dieses fortwährende laute Gebelle, das oft unvermittelt losbrach und die ohnehin lärmsensible Susi an den Rand des Wahnsinns treiben konnte. Dann waren da noch diese ekelhaften Haare, die diesen nervigen Viechern offenbar in Permanenz ausfielen und überall liegen blieben. Nein, Hunde gerieten so ganz und gar nicht nach ihrem Geschmack. In Susis Augen handelte es sich bei Hundehaltern um asoziale Widerlinge, die man besser mit Missachtung strafte.

Du hast bestimmt Hunger und - wie du weißt - bin ich ein miserabler Koch“, lenkte Robert die Konversation nun in andere Bahnen. „Ich habe daher eine Pizza Hawaii bestellt, die jeden Moment kommen müsste. Ist das in deinem Sinn?“ Sandra konnte nur mühsam ein Grinsen verbergen und drückte ihm einen Kuss auf die Wange: „Klar ist das okay. Es ist zwar nicht wirklich romantisch, aber ich denke mal, das Essen wird heute nicht der Höhepunkt sein.“ „Das hoffe ich allerdings auch nicht“, erwiderte Robert und blickte mit leicht gerötetem Gesicht zu Boden. Es war ja so einfach, ihn in Verlegenheit zu bringen. Kurze Zeit später stand auch schon ein demotivierter und nur gebrochen Deutsch sprechender Pizzabote vor der Tür, der mit mürrischem Knurren das Gewünschte überbrachte. Robert verzichtete darauf, ihm auch noch Trinkgeld zu geben.

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